Wenn du die Augen zusammenkneifst und blinzelst, sodass alle Gegenstände nur verschwommen zu erkennen sind, kann man den Eindruck gewinnen, diese Menschen hätten gar nicht so Unrecht. Schau dir einmal verschiedene Baumkronen blinzelnd an, dann zeigen sie dir ihre geheime Form: Manche sehen aus wie ein Kreis, manche wie ein Dreieck, das einmal die Spitze nach oben oder ein anderes Mal auch nach unten zeigt, manche sehen aus wie Ellipsen.
Farben und Formen umgeben dich. Schließe deine Augen. Dann verschwinden Farben und Formen, aber deine Verbindung mit der Welt um dich bricht nicht ab. Wenn du die Augen schließt, schärfen sich andere Sinne. Die klingende und tönende Welt wird stark und mächtig.
Konzentriere dich einmal auf die Geräusche und Töne um dich. Hörst du das Vogelgezwitscher, einen tropfenden Wasserhahn, das Regengeprassel, ein Motorgeräusch, …? Was klingt laut, was klingt leise? Was klingt hell oder dunkel? Was hart oder sanft? Mischen sich zu den Tönen und Geräuschen auch Rhythmen? Takatakatak …tipi tipitip … tock tock tock …
Du kannst auch mit den Ohren sehen! Das klingt komisch, aber ist wahr. Versuche dir einmal ein Geräusch oder Töne farbig vorzustellen. Klingt die Autohupe rot oder schwarz? Welche Farbe hat dein Lachen?
Auch Töne von Musikinstrumenten können wir uns farbig vorstellen. Klingt ein Geigenton rot oder braun? Die schmetternde Trompete, klingt sie gelb oder schwarz? Hell oder dunkel? Oder umgekehrt: Mit welchem Instrument verbindest du die Farbe schwarz?
Die Töne und Geräusche mit Farben zu verbinden ist nicht so eindeutig wie eine Rechenaufgabe. 2+2=4, da gibt es keinen Widerspruch. Jeder, der rechnen kann, kommt zu diesem Ergebnis. Aber die Zuordnung von Farben, Tönen und Geräuschen ist nicht so unumstößlich. Nicht immer verbinden Menschen dieselbe Farbe mit einem Ton oder einem Geräusch. Aber das ist auch nicht so wichtig. Wichtig ist, dass unsere fünf Sinne, das Sehen, das Hören, Riechen, das Schmecken und das Fühlen, alle miteinander zusammenhängen. Damit du verstehst, was das heißt, stell dir einmal vor, unsere Sinne seien kleine Karten, die alle mit einem Fädchen über einen Mittelpunkt verbunden sind. Wenn du nun ein Kärtchen berührst, schwingen auch die anderen mit.
Wenn alle Sinne zusammenschwingen, könnte man dann auch Farben schmecken?
Stopp! Damit ist nicht gemeint, dass du Farben in den Mund nimmst! Stelle dir nur vor, welchen Geschmack eine Farbe haben könnte.
Welche Farbe oder Farbmischung schmeckt bitter? Welche süß?
Oder könne wir Farben fühlen? Maler sprechen tatsächlich von kalten oder warmen Farben.
Blau erscheint kalt und das Rot oft ganz warm. Oder sogar heiß? … (Inge Heinicke-Baldauf)